index

 

 

Hans-Eugen Bühler/Olaf Simons

 

Hans-Eugen Bühler/ Olaf Simons, Die blendenden Geschäfte des Matthias Lackas. Korruptionsermittlungen in der Verlagswelt des Dritten Reichs (Köln: Pierre Marteau, 2004).Der Verlagsbranche eröffneten sich mit dem September 1939 gewaltige Gewinnchancen. Aktuelle Frontberichterstattung fand reißenden Absatz bei der Jugend. Als der Krieg die "Heimatfront" erreichte, erwiesen sich Liebesromane als beliebteste Ablenkung. Vor allem aber mußte die Truppenversorgung sichergestellt werden. Die »Zentrale der Frontbuchhandlungen« erwartete den Soldaten vor Ort mit stationären und fahrenden Geschäften. Bibliotheken in Kasernen, Lazaretten, Schiffen, ja in U-Booten versorgten die Truppe darüber hinaus großzügig mit kostenlosem Lesestoff. Ein Gefüge an Kontrollinstanzen mußte sicherstellen, daß die öffentliche Auftragsvergabe geregelt geschah – und erreichte das Gegenteil: Geschäftemacher wie Matthias Lackas, Versandbuchhändler aus dem »arisierten« Ullstein-Medienkonzern, boten ihre Dienste nicht nur als Zwischenhändler, sondern gleich auch noch als Vermittler und Drahtzieher an, denn jetzt galt es, den Handel perfekt vorzubereiten. Öffentlichen Auftraggebern war nicht mit Verlagen gedient, die erst nach dem Eintreffen der Genehmigungen Papier erwarben und verdruckten. Papier hatte der brauchbare Verlag vorrätig, und er verarbeitete es auf die Genehmigung wartend. Vor allem aber bot er seine Auflagen am besten genau so proportioniert an, daß sein öffentlicher Auftraggeber für das Bestellte sein gesamtes Papierkontingent ausgeben mußte – das nicht restlos genutzte Papierkontingent wurde dem Dienstellenleiter des Heeres oder der Luftwaffe im nächsten Vierteljahresplan mit Sicherheit beschnitten. Mehrwerte ließen sich aus dem vom Propagandaministerium überwachten Handel schöpfen, wenn Papier profitabler verbraucht wurde als angegeben – was von allen Beteiligten die Bereitschaft erforderte, nicht genau die Geschäfte zu realisieren, die sie sich genehmigen ließen. Verlage zahlten Lackas bereitwillig hohe Provisionen, denn wer im Geschäft blieb, entging kriegsbedingten Schließungen, sicherte Mitarbeiter vor dem Fronteinsatz und machte exorbitante Gewinne mit einer Produktion, die kaum noch Verlagskosten im herkömmlichen Sinn verursachte. Der Zwischenhändler belohnte seinerseits heimlich in den Unternehmen die Mitarbeiter, die für ihn die Weichen stellten. Vor allem aber mußte er bei den öffentlichen Auftraggebern bestechen – durch ein Organisationstalent, mit dem sie ihren Papierverbrauch maximieren konnten und nicht zuletzt durch Beziehungen zum Schwarzmarkt, über die er bereitwillig beschaffte, was Dienststellenleiter und ihre Sekretärinnen privat erfreute und für Geld nicht mehr zu kaufen war.

Die blendenden Geschäfte des Matthias Lackas sind eine Detailstudie des deutschen Buchhandels unter den Bedingungen der Kriegswirtschaft. Sie sind gleichzeitig eine Fallstudie des Zusammenhangs zwischen Korruption und staatlichen Maßnahmen, sie zu unterbinden. Das vorliegende Buch ist nebenbei die unterhaltsame Biographie des brillanten Geschäftsmanns Matthias Lackas – eines Mannes, der in den 1920ern noch erfolglos Globen und Landkarten verkaufte, im Zweiten Weltkrieg ein Vermögen machte, in das Zentrum eines geheimen Korruptionsprozesses geriet, das über ihn verhängte Todesurteil mitten im Zusammenbruch des Dritten Reichs überlebte, und der nach dem Krieg noch in einem zweiten Anlauf eine Karriere als Verlagsgründer machte. Lackas, geboren 1905 in Merzig an der Saar, starb 1968 in München. Das Vermögen, das er als Vater des Südwest-Verlags und der Buchgemeinschaft »Bücher für Alle« hinterließ – sein Unternehmen brachte am Ende das erfolgreichste Benimmbuch der Bonner Republik heraus: Karlheinz Graudenz’, respektive der Bonner Protokollchefin Pappritz Buch der Etikette – arbeitet fort in der Matthias-Lackas-Stiftung, die heute Projekte der Krebsforschung fördert.

Die Autoren

Hans-Eugen Bühler (*1936, †2004) war in seiner letzten Position Professor für Materialkunde an der RWTH in Aachen und verfaßte die erste größere Studie zum Frontbuchhandel. Olaf Simons (*1961) ist Buchhandelshistoriker an der Universität München mit Veröffentlichungen über den Buchmarkt des 18. und 20. Jahrhunderts. Auf die Akten des Lackas-Prozesses stießen die Autoren im Rahmen ihrer gemeinsamen Recherchen für Bertelsmann im Dritten Reich (Gütersloh: Bertelsmann, 2002).

Bestellungen über

Bankverbindung

Dr. Olaf Simons
Konto Nr.: 7807848
NetBank
Blz.: 20090500
BIC/SWIFT: GENODEF1S15

http://www.pierre-marteau.com