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L'Indifferent, Liebe ohne Masque (Leipzig/ Rostock: G. L. Fritzsche Buchhandlung, 1715).

L'Indifferent, Liebe ohne Masque (Leipzig/ Rostock: G. L. Fritzsche Buchhandlung, 1715).

Die| Liebe ohne Masque| oder| Abbildung| Tugendhaffter und untugendhaffter| Verliebten,| In verschiedenen curieusen| jedoch wahrhafften Begebenheiten| Allen honnéten Gemüthern| zu einer| Vergönneten Belustigung| vorgestellet| par| L'INDIFFERENT.| [vignette]| Leipzig und Rostock,| Verlegts Georg Ludewig Fritzsche, Buchh.| am grossen Marckte. 1715.

Description

black and red titlepage/ [14] pp. preface/ p.1-454.

Shelfmarks

{3: AB:152592 [titlepage ødate]} ø{14: } {private: verified o.s.}

Bibliographical Reference

Weber/ Mithal (1983), p.192

Self-classification

Bl.)(6r: Begebenheiten "in form eines Romans".

Remarks

Freunde hätten den Verf. gebeten, ihre Geschichten zu einem Roman zusammenzusetzen. - Sächsisches Studenten-Millieu, zwei größere Liebesgeschichten, deren Bewunderungswürdigkeit von den in Nebengeschichten offenbarten Liderlichkeiten (p.78: Galan, der bei einem losen Frauenzimmer ein Ausschlag-bringendes Pulver appliziert) gegengewichtet wird: Seladon flieht nach Duell von Dordrecht nach Salais [Jena], seine Geliebte, Constantine, wird verheiratet, ihre Ehe wird erst glücklich, da p.233-46: Transparenz etabliert wird: ihr Ehemann glaubt ihr, daß Seladon ihr nicht die Unschuld nahm, und bedauert sie: hätte er von ihrer Liebe gewußt, er hätte sie nicht geheiratet. Seladon gibt sie brieflich frei, was der Gatte großmütig findet. Constantine verwitwet am Ende, zweite Ehe mit Seladon. Bei Oloreno stirbt die Geliebte; er schwört ihr Treue. Zudem kürzere Discurse: p.25: Musik; p.81: Mißbrauch des Wortes "galant"; p.154: Unrecht der Hexenprozesse; p.359: Poesie.

o.s.

Vorede.
Geneigter Leer.[Bl.)(2r-8v]

Freunde hätten ihm die Geschichten zuerst mündlich dann schriftlich communicirt, er war gebeten, sie zu einem Roman zu verknüpfen, hat dies nach einiger Zeit getan.

[...] und bürde dem G. L. nicht auff, dieses Buch vor einen Roman zu halten [)(7r/v] weil ohne dem verschiedene Dinge darinnen, die sich nicht allerdings in einen Roman schicken, ohne deren Erwehnung aber einige Historien mangelhafft und unvollkommen geblieben seyn.
[Text p.1.]

Beginn: Passage über das Gerücht und seine Macht. Es entwickelt sich wie ein Schneeball. Wir selbst pflegen, es als Rezipienten zu verstärken, da wir mit eigenen Interessen zuhören – fürchten, was es uns bietet, oder beglückt sind, solches zu hören. Unser Interesse setzt den Argwohn, den wir hegen sollten, außer Kraft. Oft geschieht uns in Anbetracht des Gerüchts, das Unheil, das wir am meisten fürchten. Wir fangen zu zittern an, da wir dessen erste Momente hören und ziehen das Unheil auf uns, das wir selbst befürchten.

Zu Beleuchtung dieser Erläuterungen findet sich L'Indifferent gezwungen, die Geschichte der Constantine zu erzählen. Die Novelas Exemplares leben in der neuen Zeit fort.

Constantine und das Gerücht vom Tode Seladons Discourse über Macht der Gerüchte und Übertreibungen in Liebesdingen

Dordrest: Constantine erfährt, daß ihr Liebster Seladon in einem Duell umgekommen sei. Ihre Dienerin Celie versucht, sie vor Verzweiflung zu bewahren. Constantine will sich nicht von solchen Hoffnungen betrügen lassen, und hofft auf ihren eigenen Tod. Fido, ein Verwandter der Celie wird ausgeschickt, um in Salais Nachforschung nach Seladon zu halten. Seladon lebt, Fido kehrt mit Brief von ihm heim. Celie legt ihn der im Garten schlafenden Constantine auf den Schoß. Discours darüber, ob der Himmel in Liebs-Beziehungen hineinspielt und ob es an den Liebenden ist, über die Wünsche des Himmels Aussagen zu treffen. Wenn sie vernünftig und tugendhaft lieben, dann machen sie sich durch ihre Reden angenehmere Vorstellungen von der Liebe.

Fido wird nach Salais zurückgeschickt. Seladon kuriert dort seine Wunden aus. Es gibt Weinberge bei Salais, und eine negligeante Lebensart mit Tabakrauchen und Saufen – das spricht für Jena als den Ort der Handlung. Beobachtungen der Studentenschaft.

Vor der Stadt sich ergehend trifft Seladon Oloreno, der auf einer Guitarre spielt.

Seladon-Oloreno [p.22]

Olorenos Liebesgeschichte: Flavie. Discourse über die Musik und die mangelnde Bereitschaft an den Tod zu denken – Muster in »romanischer« Sprache mit Distanzierung von dieser und ihren Bildern cf. Selamintes. Discours über die Schönheit der Frauen und ihre Macht, uns zu einer unvernünftigen Liebe zu bewegen.

Discours über die Musik: Gut oder schlecht. Beispiele aus der Geschichte, die der andere jeweils mit Skepsis beantwortet. Fazit: jeweils der Einsatz entscheidet.

[p.31] Geschichte Oloreno: Er liebte Flavie, die Freundin der Juliane, mit deren Bruder er wiederum selbst befreundet war. Oloreno betreibt diese Liebe nicht wirklich ernst. [p.40] Fulvia läßt ihn im Ungewissen, er reagiert angespannt und fragt sich danach, ob er nicht eventuell ernsthaft verliebt ist.

[p.41] Discours über das Denken an den Tod. Julianes Bruder sieht Oloreno in Gedanken – es sind Gedanken über Flaviens Gefühle. Oloreno täuscht vor, er habe über den Tod nach gedacht. Julianes Bruder weicht dem Thema aus. Reflexion: wie Menschen sterben, die nie über den Tod nachdachten. Gegenüber Seladon, dem Oloreno diese Geschichte erzählt, gesteht Oloreno, daß er selbst in dieser Situation heuchelte, um nicht seine wahren Gedanken bekennen zu müssen. Seladon ist ihm für die Aufrichtigkeit verbunden.

[p.46] Flavie bekennt ihre Liebe gegenüber Oloreno. Dieser küßt ihr Lippen und Brust (letzteres geht weiter als in den anderen Amouren des Buches und kann wie die zu Anfangs unsichere Liebe seinerseits als Indiz für das zukünftige Scheitern der Beziehung genommen werden). Er beschreibt die Situation in einem zweiten Anlauf [p.47] »romanisch« – hier ist eine ähnliche Skepsis gegenüber der Sprache der Romane mit ihren schönen Bildern zu bemerken wie bei Selamintes.

[p.54] Makkano streut Gerücht der Untreue Flaviens. Stimmungsumschwung bei Oloreno: Eifersucht und Rachgier – es geht sofort um den Wert der Person, den jeder für sich verteidigen muß. Flavie wird ertappt auf dem Schoß eines Cavalliers – sie behauptet, es sei ein Verwandter. Makkano regt eine weitere Überwachung der Dame an. Flavie besucht in Mannskleidern den Cavallier, der offensichtlich ein Soldat ist. Mit Makkano lauert Oloreno der Dame auf, man verprügelt sie etwas, da sie selbst doch als Mann sich der Prügelei anbietet.

[p.68] Oloreno bricht mit Flavie brieflich und höflich und hört auf Post von ihr anzunehmen. Reise nach Salais und dort Begegnung mit Seladon.

[p.70] Discours: Lassen wir uns durch Schönheit von Frauen blenden und zur Liebe bewegen? Wie ergeht es schönen Frauen, nachdem wir ihnen grundsätzlich schmeicheln?

[p.73] Bewertung der Lieben zwischen Oloreno und Flavie: Er agierte so tugendlos wie sie, da er sich nahm, was zu kriegen war, genauso wie sie letztlich.

Seladon-Oloreno-Hilario [74]
Benutzung eines juckenden Pulvers an einer verderbten Frau. – Discours über das Galante.

Seladon und Oloreno kehren auf ein Glas Wein ein. Ein Cavallier, der dauernd lachen muß regt sie an, ihn um seine Geschichte zu bitten. Er erzählt wie er die Catharte in sich verliebt machte, um ihre Untugend zu erweisen. Als sich die Situation zuspitzte applizierter er ein Ausshlag machendes Pulver auf Brüsten und im Schoß der Dame – überall dort wo er mit seinen Händen hinkam. Die Dame war des anderen Tags unpäßlich, da ließ ihr Hilario eine Salbe gegen den Ausschalg zukommen, die sie zähneknirschend annahm: Das Übel wollte sie wieder loswerden, gleichzeitig ärgerte sie sich darüber, ausgerechnte von dem Heilung annehmen zu müssen, der mit dem Heilungsangebot sich als der Verursacher ihrer Malaise ausgab.

[p.81] Discours Hilarios über das Galante:

Die Frantzosen haben davon nicht einerley Concept. Doch bezeichnen die klügsten ihnen dadurch so zu sagen die Vollkommenheit selber, und nennen nur einen solchen Menschen galant, der das Glücke hat einen durchdringenden Verstand, eine extraordinaire Gelahrsamkeit, ein ungemeines Vermögen von einer Sache gründlich und scharffsinnig zu urtheilen, eine vollkommene und unaffectirte politesse, und dergleichen annehmliche Eigenschafften zu besitzen. Allein bey uns werden wenige, wenn sie dieses Wort im Munde führen, sich eine solche Idée davon machen. Wir machen nichts als lauter Galanterien und galante Leute. Hurerey und die Kunst eines andern Weib zu verführen heist eine Galanterie, ja [81/82] eine solche Seuche, die vor aller Welt abscheulich, will sich gar mit diesem Titel ausschmincken. Bagatelles, die von alten Trödel-Weibern verhandelt werden, wollen sich allbereit unter diesem Fürniß verkauffen, und die allerthörichsten Schwachheiten, die ein geschossener Amant bey seiner Amour begehet heissen par force Galanteries. Ein Monsieur darff nur eine Schnupfftobacks-Dose, eine Uhr, einen Ring und dergleichen an und bey sich tragen, und anbey ein paar Complimenten nach der Mode auswendig lernen, so ist er schon galant: er darff nur mortbleu, Jarny, und dergleichen sagen, ein französisch Liedgen singen, oder sich sonst nur ein wenig närrisch anstellen, so wird man ihm nicht leicht diesen Character disputiren, hat er nur eine hüpsch gepuderte Peruque auff; so kan er mit denen galantesten in einem Paare gehen; ja die neglegence selbst heißt bey uns schon galant. Summa, alles machen und heissen wir galant, denn was macht doch der Teutsche nicht ums Geld.[p.81-82]
Seladon-Oloreno
Discours über das Tanzen. Rückblick: Seladon-Constantine. [85]

Als Seladon wieder allein ist, trifft Fido ein und überbringt ihm Post von Constantine. Seladon darf (nach dem Duell) nicht nach Dordrest – allenfalls in Verkleidung. Sie wünscht, ihn zu sehen. Fido wird mit Post an Constantinen zurück geschickt. Seladon dichtet zu seinem eigenen Vergnügen noch ein Lied – seine Sehnsucht wird davon nicht geringer.

Vor dem Tor von Salais Treffen mit Oloreno. Erzählung der vergangenen Liebesgeschichte. Sie ist ein Fräulein von Adel, derer zu Felsenburg, in Dordrest. Constantine lebte im Haus, in dessen Garten Oloreno von seinem Zimmer aus sehen konnte – unklar, was er selsbt in Dordrest macht - er ist dort nicht geboren, ließ sich dort einlogieren. Studiert er in dem Ort? Davopn ist nichts gesagt. Ist Dordrest Dresden? Ist Seladon Höfling?

Auf Assemblee eines Moguntinischen Minsiters findet Seladon Gelegenheit Constantinen kennenzulernen. [p.93] Discours über das Tanzen – sehr schön ist das Ende des Discourses [p.92] gestaltet: Sie fängt an, »von anderen Sachen zu urteilen«. Es ist Conversation daß man ein Thema erhält und darüber Urteilt. In aller Regel geht es dabie darum, ob eine Sache nutzt oder schadet. In aller Regel ist das Endurteil: Je nach Verwendung nutzt oder schadet diese Sache.

[p.95] Seladon besticht Celie, die Dienerin der Constantine, auf daß diese ihn positiv bei ihrer Dame in Erinnerung ruft. Die Maßnahme schlägt an. Seladon kann es [p.100] nach dem Celie grünes Licht gibt, wagen, der Constantine ein schriftliches Liebesgeständnis zu machen – eine Abschrift davon trägt er immer mit sicht. Er kann sie nun dem Oloreno zeigen.

[p.102-03] Positives Antwortschreiben der Constantine. [p.104] Kuß besiegelt Bündnis. Constantine ist in leichter Trauer, da sie Komplikationen auf sich zukommen sieht. Seladon schwört Treue. Dann jedoch ist das Glück dem Paar nicht länger hold. Duell Seladon mit Moguntineschem Major. Flucht nach Salais.

[p.106] Rahmen: Seladon zeigt dem Oloreno den neuen Brief. Er nach Dordrest. Oloreno zu Rosander (einem Vetter) mit diesem und Gesellschaft – Duveno, Cebald, Brettmar, Reimiro – Reise nach Saline Royale.

Duveno, Cebald, Brettmar, Reimiro, Rosander, Oloreno
Gemeinsame Reise von Salais nach Saline Royale, wo Duveno die Gesellschaft herumführt. [107]
Duveno-Lambina
Er schlug der Lambina Liebe aus. Discours: Rachgier verachteter Frauen. [108]

Duveno ist aus Saline Royle gebürtig. Lambina trägt dem Duveno ihre Liebe an. Der erwidert nicht. Sie sucht sich einen lächerlichen Amanten und wird wegen der ausgeschlagenen Liebe furios. Duveno muß nach Salais fliehen. Discours: Wie »Verachtete Liebe eines Frauenzimmers kann in Wuth verwandelt werden«.

Remiro-Fulvia
Kann nicht indifferent zuhören, er schlug der verheirateten Fulvia Liebe aus. Discours: Frauen, deren Laster man nicht kennt. [113]

Hier wird kaum eine Geschichte erzählt, jedoch eine genaue Identifikation Remiros ermöglicht. Er ist angeblich vollkommen tugendhaft – zudem wird asl unverwechselbares Merkmal hinzugesetzt daß er als Kind die Eltern verlor. Die verheiratete Fulvia trug ihm ihre Liebe an. Er wies sie ab und ermahnte sie ihre Gelüste zu bändigen. Seitdem fürchtet er ihre Rache. Erneute Reflexion darüber. [Warum wird Remiro identifizierbar gemacht? Gibt es eines wirklichen Remiro Ruf zu retten?

Rosander-Antenor-Barnie [123]
Der Autor erzählt Rosanders Geschichte, da Remiro zu diskret ist, ihn um sie zu bitten. Rosander und Antenor lieben gemeinsam in Freundschaft Barnie. Zu Dritt einigen sie sich auf Rosander als den Glücklichen. [p.142-57] Discours: Hexenprozesse.

Rosander und Antenor wachsen in Gryphia (Greifswald) mit der jungen Barnie auf, die der alte Antenor als Vormund bei sich aufnahm – sieben ist sie zu Beginn der Geschichte, im zwölften Jahr stehen ihre beiden Verehrer. [p.134] Die beiden Verehrer werden älter und schwören einander nicht in ein Zerwürfnis über Barnie zu geraten – Barnie soll entscheiden, wen sie liebt. Discours: In gemeinsamer Liebe wachsen die Gemüther der Tugendhaften Freunde eher zusammen als das sie sich entzweien. [p.135] Barnie ist darauf in einer mißlichen Lage: Sie will niemanden verletzen. Die Freunde schwören ihr: ihre Wahl wird den Unterliegenden nicht verletzen, sondern um das Wohl des Freundes glücklich machen (ähnliche Konstellation wie in den Generous Rivals).

[p.136] Rosander rettet Barnie und Antenor als man zu dritt mit Fischern auf einem See ist und kentert. (Muß ein großer See sein, denn einer der Fischer ertrinkt). Antenor überläßt Barnie dem Lebensretter Rosander.

[p.140] Dunnorix aus Rosenfeld (Rostock?), ein Verwandter der Barnie, nimmt diese zu sich – er hat das Ziel sie für eine Gegengabe von 500 Ducaten zu verheiraten.

[p.141] Rosander eröffnet dem Damon sein Unglück. Mit ihm reist er nach Rosenfeld. Auf der Hinreise kommen beide bei einer Hexenhinrichtung vorbei:

[p.142-157] Discours über das Unrecht der Hexenprozesse: Die Hinrichtung wird kaum kommentiert. Sehr schöne Schilderung indes der Gesellschaft des kleinen Ortes, die nach der Hinrichtuing zusammenkommt und ihre Selbstgerechtigkeit feiert. Damon bringt die Prozeßbefürworter durch Geschick seine Argumentierens in mißliche Lagen. [p.153] L'Indifferent distanziert sich von desselbigen Discoursen – nicht inhaltlich doch als Autor. Er gibt die Sache mit Damons Worten wieder, da er weiß, daß solche Worte gegenwärtig gefährlich sind. Damon bezieht sich [p.154] auf einen ungenannt bleibendne Niederländer als Autorität gegen die Hexenprozesse, nicht auf Thomasius.

[p.164] Barnie beweint in Rosenfeld ihr Schicksal. Rosander trifft sie in Molossos Garten vor Rosenfeld. Molosso betreibt ihr Bündnis mit Cottomarino (offenbar einem Seehandelskaufmann in Baumwollgeschäft. Barnie schenkt jedoch Rosander ihr Herz und verspricht [p.168], sich dem für sie geplanten Bündnis zu widersetzen. Dem Cottomarino schreibt sie in einem Appell an seine Vernunft und Großmuth: Er kann sie besitzen, doch was hat er davon sie ohne ihre Liebe zu bekommen.

[p.174] Cottomarino regiert anfänglich mit Zorn, gerät dann in Traurigkeit und Melancholie. Den Brief der Dame steckt er in eine Chatoulle – sie selbst beginnt er wertzuschätzen (ein schönes Beispiel dafür, was Großmuth und Vernunft ermöglichen). An Barnie schreibt er [p.175] einen Abschiedsbrief, der ihn als Kaufmann ohne Galanterie ausweist – er macht ihr materielle Geschenke und denkt schon wieder ans Einkaufen. Rosander und Barnie belächeln den unbeholfenen Brief.

[p.177] Rosander muß an seinen Studienort Gryphia zurück. Dort erwartet ihn das Geheiß seines Vaters, ihn in Viadrina [Frankfurt an der Oder] zu besuchen. Dem Vater kann Rosander seine Liebe zu Barnie in Rosenfeld nicht gestehen. Weiterreise von Viadrina nach Salais in Sachsen.

[p.180] Rosanders fernere Geschichte wird vertagt.

Rahmen: Duveno, Cebald, Brettmar, Reimiro, Rosander, Oloreno zurück nach Salais [180]
Stadtgespräch in Salais: NN-AA, die blamierte Wollüstige.
Eine Geschichte die fast aus Chaucer's Tales stammen könnte, so wie in ihr Gegebenheiten des Ortes – die Dame, die über eine Straße hinweg von einem Dachfenster zum anderen ihren Amanten besucht.

NN trägt dem AA ihre Liebe an – sie wohnt im Haus gegenüber. AA spielt eine tugendhaft scheinenden doch verworfenen Frauenzimmer gerne einen Possen. Er geht auf ihre Liebe ein, informiert jedoch zwei Freunde darüber, wann er die Dame für ein Stelldichein in seinem Zimmer haben wird. Beide Freunde sollen ihn auf ein verabredetes Hüsteln hin in seinem Zimmer überraschen und behaupten ein Freund benötige nach einem Duell seine Hilfe. Die Freunde ertappen das Paar im Bett und setzen ihn und sie unter Druck: Sie wollen diesebeln Freuden mit der Dame genießen wie er, ansonsten lassen sie sie auffliegen NN muß einwilligen. Zuerst kommt AA, dann der erste Freund, der zweite läßt seinen Diener den Part übernehmen.

Als die Dame in ihr Elternhaus zurück will – ein Brett von AAs Zimmer zum Dachfenster des Elternhauses soll ihr Weg sein, da hat der Diener im Elternhaus das offene Dachfenster verschlossen. AA verschließt den Rückweg und so sitzt die Dame am Ende über der Straße zwischen zwei Häusern in großer Verzweifelung, allwo sie dem Nachtwächter auffällt. Dieser informiert ihr Elternhaus – der Vater kann sich ausrechnen, was seine Tochter tat, sie beichtet ihm alles. Er besticht den Nachtwächter auf Stillschweigen, doch ist dies alles zu spät: Die Geschichte der Verworfenen kursiert bereits in Salais. Der Vater kann die im Ruf ruinierte Tochter nur noch in eine Nachbarstadt (Scheinea) bringen.

Glossen der jungen Herren über diesen Fall. Zuerst ist man mitleidig, dann weiß jedoch einer der Herren, daß die Dame auch vorhger schon ungehörig lebte. Mitleid ist unangebracht.

Seladon in Verkleidung bei Constantine. – Diese wird darauf an Ormond verheiratet. Großmüthiges schmerzliches Arrangemeint [197]

Als Bergamnn zur Cyther singend. Schläft bei jedoch nicht mit ihr. Constantinens Vater entdeckt Seladon und verheiratet die Tochter an Ormond. Constantine muß Oloreno gestehen, daß sie ein Bündnis mit Seladon hatte, Oloreno gestattet der Gattin die Freundschaft, Oloreno gibt sie seinerseits frei – allgemeine Großmuth.

Genau wird geschildert, was kein Leser glauben kann: daß der Mann im Zimmer der Geliebten nächtigt, ohne sie anzurühren – er sieht sie nichteinmal nackt. Mehrere Tage hält er sich so in ihrem Zimmer auf – bis das Unglück geschieht und der Vater Constantinens im Fenster der Tochter vom garten aus den Amanten im Nachthabit erblickt. Constantine weist dem Geliebten die Flucht und kleidet sich in dessen Nachthabit. Vater und Mutter dringen in ihr Zimmer ein. Der Amant ist verschwunden, die Tochter trägt dessen Kleider, doch läßt sich der Vater nicht wirklich vormachen, er habe soeben die Tochter gesehen.

[p.208] Constantine muß Ormond heiraten, oder ins katholische Kloster gehen. [p.213] Constantine befiehlt sich dem Himmel und akzeptiert ihr Los. Sie läßt sich mit äußerstem Widerwillen verheiraten. Ihr Vater weiß jedoch die gesamte Ceremonie so zu organisieren, daß sie keine Gelegenheit hat, dem Ormond zu offenbaren, wie wenig er ihr Herz gewinnen kann.

[p.223] Häufig zieht sich Constantine in den Garten zurück um dort über ihr Los zu klagen, dort schreibt sie dem Geliebten Seladon einen Brief mit Kunde ihrer Verheiratung. Als sie gerufen wird, steckt sie den Brief hinter ein Bild – dort findet ihn der Gatte etwas später, als er sich einmal wieder seine Bilder anschaut.

[p.228] Zorn befällt ihn gegenüber dem alten Felsenburg, der ihm eine Tochter in die Ehe gab, die ihn nicht lieben kann, da ihr Herz bereits occupiert ist. Auich da die Tochter nicht den Wert hat, den er vermuten könnte – noch weiß er nicht, welche Freiheiten sie sich mit Seladon verstattete.

Behutsam bringt Ormond sein Wissen auf den Tisch – er will geträumt haben, daß... Sie erahnt, daß er den nicht abgeschickten Brief an Seladon fand und erzählt ihm »Haar-klein« [p.232], was geschah und was nicht. Ormond hört sich die Geschichte an – anders als im Vergleichsfall bei Selamintes ist er nicht impotent. Er kann seine Ehe vollziehen und er besteht darauf:

Weil es aber der Himmel ietzo so gefüget, daß er ein Besitzer einer so werthen Gemahlin seyn solte, so erinnerte er sie, dessen Willen hierunter zu ehren, und ihm ihre Liebe, Seladon aber eine tugendhaffte Freundschafft vorzubehalten.
   Und gewiß, mit dieser Gefälligkeit bemeisterte er das Hertz der artigen Constantinen vollkommen. Sie sahe ihn ietzo an, als ihren von GOtt bestimmten Gemahl, und war selber auff sich unwillig, daß sie dessen unwidertreiblichen Fügung hätte widerstreben wollen. [p.233]

Constantine darf ihren Brief an Seladon abschicken und ihm die Freundschaft antragen – eine Großmuth die sie für ihren Ehegatten einnimmt. Von gleicher Großmut wie die Reaktion Ormonds ist die briefliche Seladons. Er hat seine Eifersucht bemeistert, der Brief beginnt mit Klage und wendet dann:

Allein die Vernunfft befiehlet mir ein anderes, und wir würden uns unfehlbar am meisten schaden, wenn wir unsern wiedrigen Kleinmuth entgegen setzen woltem. Liebet Ormonden, dem die ewige Weißheit eure Besitzung lieber als mir gegönnet, und schencket [238] ihm euer Hertz vollkommen, in welchen ehemahl die schönsten und reinsten Flammen gegen Seladon gelodert. [p.237-38]

Seladon verzichtet auf sie, kündigt jedoch an sich nicht erneut zu verlieben. Constantine gibt seinem Brief wiederum dem Gatten zu lesen – Großmuth des Verzichts ist erneut zu loben (cf Generous Rivals):

Hiermit nahm sie Seladons Brieff, und bat ihn, selbigen durchzulesen, und wie solches ge-[244]schehen, fand Ormond Ursache, so wohl die Tugend als Auffrichtigkeit seiner werthesten Gemahlin zu bewundern.
      Er rühmte Seladons Brieff, als einen Entwurff, woran die Großmuth selbst gearbeitet, er bezeugete eine besondere Ehrerbietung in seinem Gemüth vor Seladon, und wünschete von Hertzen, ihn zum Freunde zu haben. [p.244]

(Die Geschichte wird am Ende weitergeführt)

Seladon reist mit Oloreno auf das Land vor Salais, mit Brettmar beobachtet man Kaufmann Cornard bei Empfang von Hörnern [247]
Interessante Konstellationen zu Indiskretion und Urteil der Welt

Oloreno und Seladon reisen etwas aufs Land, treffen Brettmar, der bei einem Kaufmann kramt, als dieser aus Norimonte eine Ladung Hörner erhält. Der Gehörne rennt eifernd zu seiner Frau, die ihm den Schimpf antat. Die galanten Herren beugen sich über die Kiste und finden dabei den Begleitbrif, den sie zu gemeinsamem Delectament lesen.

Discours darüber, wie unglücklich man den Kaufmann darob schätzen soll, daß er nicht selbst diesen Brief fand. Oloreno und Seladon: Glücklich, den er las den bösen Brief nicht, der die Untugnend seiner Frau genauer entdeckt. Brettmar findet dagegen, daß der Kaufmann unglücklich ist, da nun andere um sein Leid wissen – eben sie drei. Die Gruppe beschließt, ihr Wissen geheim zu halten – ein merkwürdiger Schluß, da L'Indifferent selbst den Brief zu Lasten des Kaufmanns abdruckt.

Discours über die Welt, die es einem Mann anlastet, wenn seine Frau untugendhaft ist.

Oloreno-Seladon-Brettmar entdecken Catharte beim Beyschlaf im Freien [252]
Der Amant eilt davon, die Dame wird demasquiert.
Remiro-Fulvia [260]
Attacke auf den Tugendhaften, dessen tugendsamer Tod. Begräbnisrede

[p.260] Remiro wird von der nackten Fulvia in sein Zimmer verfolgt. Er wirft sie raus. Anderntags [p.264-66] erkrankt er. Vorbildlich stirbt er in seiner Jugend. Totenrede durch einen der Freund: Remiro warf einer Tugendlosen sein Haupt zu Füßen. Seladon spricht mit Fulvien und ermahnt diese. Sie wird zur Tugend bekehrt.

Seladon geht aufs Land [270]
Oloreno, Brettmar und Duveno begleiten ihn dorthin, kehren ohne ihn nach Salais zurück.
Duveno-Doris [270]
Liebe zu einer Frau unter Stand

Doris ist im Stand Duveno unterlegen – entsprechend vorsichtig ist sie damit, auf seine Liebe einzugehen. Liebesbriefe wehrt sie [p.279] unter dem Vorwand ab, sie können nicht lesen. Duveno ist erbost darüber daß sie ihn so hinhält. Duveno dichtet

o.s.